Jahresschluss 1980 Erlangen Neustadt
Fröhlich soll mein Herze springen
Wunderbarer Gnadenthron
Der du die Zeit
Nun lasst uns gehen
Verleih uns Frieden
Pred 3,1-15
Herr Gott, himmlischer Vater,
der du unsere vergehende Zeit in die Fülle deines göttlichen
Lebens aufnimmst, wir bitten dich, erfülle unsre Tage und Jahre mit deiner
Liebe, in der du uns zu deinen Kindern angenommen hast, durch unsren Herrn
Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir in der Einheit des Geistes lebt und
regiert in Ewigkeit.
Herr, unser Gott,
wir danken dir, dass du uns an deinem göttlichen Leben Teil
gilbst durch Jesus Christus. Führe unser Leben durch deinen Heiligen Geist wie
es dir gefällt und uns heilsam ist.
Wir danken dir am Ende dieses Jahres für deine Führung.
Bringe du selbst zurecht, was wir verfehlt haben, und bewahre zu deiner Ehre,
was gut gewesen ist.
Wir bitten dich für die Kinder, die in diesem Jahr geboren
wurden. Führe du sie zu einem guten Leben in Frieden, Freiheit und Freude.
Wir bitten dich für die, die in diesem Jahr gestorben sind.
Bewahre du ihr Gedächtnis und erwecke sie mit uns zum ewigen Leben.
Dir, unserem Gott, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen
Geist, sei Ehre und Preis von Jahr zu Jahr und in alle Ewigkeit. Amen.
Liebe Gemeinde,
das hier ist eine seltsame Weisheit, die uns zunächst nicht
leicht eingeht. Das mag mit der Grund sein, warum sie einen dann doch nicht los
lässt, wenn er einmal angefangen hat, mit diesen Worten um zu gehen. So geht es
jedenfalls mir selbst. Es bracht auch dazu Zeit, zu entdecken, wie gute,
hilfreiche, tröstliche Worte das sind. Ich will versuchen, dazu einige Hinweise
zu geben. Wir können zunächst einmal versuchen, als eine Art Jahresrückblick zu
verstehen, was da aufgeführt wird. Was es gebracht hat, dieses Jahr 1980, das
findet sich hier aufgezählt. Für all dies ist auch in diesem Jahr 1980 Zeit
gewesen: Für geboren werden und für Sterben, für Krieg und für Frieden, für
Trauer und für Freude, für Abbrechen und Bauen, für Liebe und Hass!
Sicher haben wir alle miteinander dieses vergangene Jahr
erlebt und durchlebt. Aber es ist doch für jeden von uns eine eigene, ganz
besondere Zeit gewesen – anders für den, dem ein Kind geboren wurde, als für
den, dem der liebste Mensch in diesem Jahr gestorben ist. Anders für den, der
ein Haus gebaut und bezogen hat, als für den, der sein Geschäft aufgeben
musste, weil es sich nicht mehr rentiert. Anders für uns, denen der Friede
erhalten blieb, als für die, die im Krieg leben müssen. Für jeden sieht dieses
Jahr anders aus, je nachdem, ob das Gute überwogen hat in diesem Jahr, oder das
Schlimme. Sicher, wir wünschen uns immer ein gutes neues Jahr, wenn die
Mitternacht den Jahreswechsel markiert. Aber wenn wir nun zurück blicken –
lässt sich denn sagen, dass es wirklich ein gutes Jahr gewesen ist, dies 1980?
Bei dem einen mag das Gute überwogen haben, und er kann mit einem: Ja!
antworten. Aber viele werden zweifelnd mit den Achsel zucken. Ich weiß nicht,
was ich sagen soll – und manch einer kann sagen: Nein! es war kein gutes Jahr,
und ich kann nur hoffen, dass es im neuen Jahr anders und besser kommt.
War es ein gutes Jahr? War es ein schlechtes Jahr? Die
Weisheit des Predigers gibt darauf die Antwort: Das hebt sich auf, Gutes und
Schlechtes halten sich die Waage. Null zu Null geht’s auf – „man mühe sich ab,
wie man will, so hat man keinen Gewinn davon!“
Im Grunde hat er ja recht damit, der Prediger. Wenn wir
ehrlich Bilanz ziehen, was dieses Jahr gebracht hat, wenn wir nicht anderen
oder uns selbst etwas vor machen, könne wir zugeben: Es ist so eben bei Null zu
Null aufgegangen. Aber wir wehren uns dagegen. Es muss da doch etwas heraus
kommen, ein Gewinn. Dass ich etwas verdient habe, dass ich mir etwas anschaffen
konnte, dass ich weiter gekommen bin, ein Ziel erreicht habe. Es muss doch etwas
heraus kommen – und sei es auch nur dies, dass meine Lebenserfahrung gewachsen
ist, dass ich gelernt habe, besser mit diesem Leben fertig zu werden. Es muss
doch einen Sinn haben – auch dieses Jahr 1980 muss für mich und für uns alle seinen
Sinn gehabt haben! Darum wehren wir uns dann gegen jene Bilanz, die uns vor
rechnet: im Grunde geht es doch Null zu Null auf.
Hier nun mutet uns der Prediger einen Gedanken zu, der nicht
ganz leicht nach zu vollziehen ist. Denn er nötigt uns, genau diese unsere Forderung
fahren zu lassen: Es muss doch einen Sinn geben! Aber das macht ja die Mühe des
Lebens aus: „Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie
sich damit plagen. Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die
Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk,
das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“ Wir sagen: Es muss doch einen Sinn
haben, dieses Leben. Es muss doch ein Gewinn heraus kommen, bei diesem Jahr
1980 und bei dem neuen Jahr 1981, und bei all der Arbeit und Mühe, die wir in
unserem Leben haben. Wohl! So sagen wir, weil uns Gott die Ewigkeit ins Herz
gelegt hat. Denn die Ewigkeit – das wäre dieser Sinn und dieser Gewinn. Aber
wenn wir dann Bilanz ziehen – die Bilanz dieses Jahres, die Bilanz unseres
bisherigen Lebens, - dann finden wir diesen
Sinn und diesen Gewinn nicht – weil der Mensch das Werk, das Gott tut, nicht
ergründen kann, weder Anfang noch Ende.
Das mag zunächst trostlos klingen: Nicht zu sehen, nichts zu
ergründen! Aber ich meine, gerade das sei eine gute und trostreiche Weisheit.
Wir fragen nach dem Sinn und dem Gewinn und bekommen die Antwort: Gott kennt
ihn, diesen Sinn und Gewinn. Gerade darum kannst du selbst ihn nicht ergründen.
Du kannst das Werk nicht ergründen, das Gott tut – auch mit dir tut. Dieses
Werk, von dem da die Rede ist, Gottes Werk, ist ja nicht etwas Fernes und Fremdes.
Es ist dies Jahr 1980 mit dem, was es gebracht hat. Wir stehen davor, und
fragen nach dem sinn und dem Gewinn dieses Jahres, und sehen im Grunde doch
nur, dass es Null zu Null aufgeht, das Gute und das Schlechte – in unserem Jahr
1980, wie in meinem Jahr 1980. wir stehen davor – aber Gott steht dahinter. Bei
ihm ist der Sinn und der Gewinn dieses Jahres, unseres Jahres 1980 und meines
Jahres 1980. Das ist der Trost, den diese Weisheit geben kann.
Nun könnte freilich einer einwenden: Das ist mir doch etwas
zu wenig. Es mag richtig sein, dass der Sinn und Gewinn dieses Jahres 1980 bei
Gott verborgen ist, und dass wir Menschen nicht ergründen können, was Gott tut.
Doch ich will selbst etwas erfahren, von diesem Sinn und Gewinn. Sonst weiß ich
ja nicht, ob ich mir nicht bloß etwas vormachen lasse von diesem Weisen da! Er
hat diesen Einwand bedacht, der Prediger, und kann darauf schon seine Antwort
geben. Sogar eine doppelte Antwort: Einmal den Hinweis darauf: Das Gute des
Lebens, sein Sinn und Gewinn, den wir erfahren können, ist, dass wir es einfach
leben. Solange wir meinen, der Sinn und Gewinn dieses Lebens lasse sich heraus
holen und vorzeigen, und womöglich aufbewahren und aufhäufen, solange bemerken
wir das nicht. Da bleiben wir bei unseren Gedanken und unserem Vorhaben, und
dem, was wir für Sinn und Gewinn halten. Aber Gottes Werk kann ein Mensch nicht
ergründen, weder Anfang noch Ende. „Da merkte ich, dass es nichts besseres
dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinen Leben. Denn ein
Mensch, der isst und trinkt und hat guten Mut bei allen seinen Mühen, das ist
eine Gabe Gottes.“ Nicht umsonst verweist der Prediger gerade auf Essen und
Trinken. Es wird gekocht und zubereitet und auf den Tisch gestellt, damit es
gegessen und getrunken wird. Es soll gerade nichts übrig bleiben – dann war es
gut und hat geschmeckt. So das Leben leben – das ist eine Gabe Gottes.
Erfahren, dass es schmeckt. Das ist Sinn und Gewinn, wie er uns zugänglich ist.
Dass es schmeckt: Da ist dann nicht nur Essen und Trinken gemeint. Da ist
gerade auch all das Mühen gemeint, das uns dieses Leben bringt. Auch das
schmeckt, auch daran können wir uns gütlich tun – wenn wir etwas durch
gestanden, die Arbeit geschafft haben. Wenn die Krankheit vorbei ist und wir
neu anfangen. Wenn die Unlust und Müdigkeit weicht und es wieder aufwärts geht:
Das alles ist Sinn du Gewinn. Es ist eine Gabe Gottes, das Leben zu nehmen, wie
es auf uns zu kommt. Eine Erfahrung ist das, die es uns erleichtert, das Werk,
das Gott tut, Gottes Werk sein zu lassen, das wir nicht ergründen können. Was
bleiben soll, weiß er. Das ist gut so.
Aber wir erhalten noch einen Hinweis: Alles, was Gott tut, das
besteht für ewig. Und dies, was Gott tut, ist uns nun doch nicht einfach
entzogen. Wenn wir hier zusammen kommen, um miteinander am Jahresschluss
Gottesdienst zu feiern, dann tun wir das doch, weil wir eingeladen sind, uns in
dies Tun Gottes hinein zu geben: Nicht bloß mit unserem Denken, mit der
Sehnsucht nach der Ewigkeit, die in unseren Herzen liegt. Sondern indem wir
Anteil nehmen an dem, was Gott tut, in unserem Singen und Beten, und erst recht
im Essen und Trinken von Brot und Wein des Abendmahls, in denen uns dieses Tun
Gottes, das beständige und immer währende, ausgeteilt wird.
Das ist die Weisheit des Predigers, die mich nicht los
lässt: Dass er mich heraus locken will, aus mir selbst und meinen eigenen
Vorstellungen von Sinn und Gewinn meines Lebens. Dass er mich hinweist auf das
Leben, das gelebt werden will, Tag um Tag und Jahr für Jahr. Dass er zeigt:
Dies Leben ist getragen durch Gottes Tun.