6.1.1997 St. Peter und Paul Erlangen Bruck
Spr 8,22-36
Mt 2,1-12
70,1.3.5 Wie schön leuchtet
326,1-3.8.9 Sei Lob und Ehr ...
70.4 Von Gott kommt uns ...
Lb. Gemeinde,
die Weisen aus dem Morgenland – sie tauchen auf, man weiß nicht genau, woher. Sie versetzen Herodes und die Jerusalemer Oberschicht in Aufregung; sie finden den, nach dem sie gesucht haben, den neu geborenen König der Juden; und dann verschwinden sie wieder, anscheinend spurlos. Darum hat die fromme Phantasie ja auch mit ihnen gespielt. Die Kostbarkeiten, die sie brachten, Gold, Weihrauch, Myrrhe, zeigten, dass sie reiche und mächtige Leute waren. Und als die heiligen drei Könige ziehen die Kinder heute von Tür zu Tür. Aber so ganz ohne Spuren in der Bibel sind diese Weisen nicht. Eine dieser Spuren will ich mit Ihnen verfolgen. Darum habe ich einen etwas weniger bekannten biblischen Abschnitt gewählt, in dem die Weisheit selbst als Sprecherin eingeführt ist. (Macht und Reichtum imponieren den Leuten zu allen Zeiten. Darum sind aus den Weisen des Matthäusevangeliums Könige geworden.) Doch wir wollen auf ihre ursprüngliche Bestimmung als Weise und so auf die Weisheit zurückkommen: Spr 8,22-36
Das mag ungewohnt klingen, jedenfalls zunächst einmal, dass Gott da nicht allein gewesen ist, am Anfang, als er die Welt schuf. Dass da vielmehr die Weisheit mit dabei gewesen ist, Gottes Weisheit dabei war bei der Schöpfung, die eingegangen ist in die Welt, die Gott machte. Die dieses Lied der Weisheit gedichtet haben, die haben ihre Vorstellungen von der Weltentstehung mit eingebracht, so, wie sie es damals wussten. Vielleicht würden sie heute vom Urknall reden und von der Materie und Antimaterie, von Galaxien und schwarzen Löchern, von all dem, was unsere Astrophysiker und Kosmologen heute beschäftigt. Aber es kommt hier gewiss nicht auf die unterschiedlichen Vorstellungen von der Weltentstehung an, sondern darauf: Durch Gottes Weisheit ist diese Welt bestimmt. Als Gottes Liebling war sie immer schon bei ihm, spielte vor ihm, war seine Lust Tag für Tag. Sicher ist das eine Redeform, die Gott vermenschlicht. Das will ich gerne zugeben. Aber so redet die Bibel von Gott und wir sollten nicht klüger sein wollen als es die Bibel ist: Wenn ich etwas gemacht habe, auf das ich stolz bin, dann sollen es auch andere sehen und bewundern und sich daran freuen. Erst recht will Gott das selbst.
Dazu ist die Weisheit da, um Gottes Schöpferwerk zu bewundern und sich daran zu freuen. Sie darf mit der Welt Gottes und in dieser Welt Gottes spielen. Wie ein Kind spielt. Daran hat Gott seine Freude. Was damit gemeint ist, verstehen wir freilich erst recht, wenn wir begriffen haben: Es sind die Menschenkinder, mit denen und durch die die Weisheit vor Gott spielt. Es sind die Menschenkinder, die Gottes Welt sehen und bewundern und sich daran freuen. Die miteinander diese Welt bereden, einer dem anderen zeigen, dass diese Welt wahr ist, und gut und schön. Die Weisen, das sind die Männer und natürlich auch Frauen und Kinder, die so in dieser Gotteswelt leben, dass sich Gott selbst mitsamt seiner Weisheit, die er in diese Welt hineingegeben hat, daran freuen kann. Freilich, das ist nun keine Selbstverständlichkeit, dass die Leute so weise sind, Frauen, Männer, Kinder, dass sie Gott in seinen Werken wahrnehmen und sich daran freuen, ihn bewundern und ihm dankbar sind. Darum lässt unser Abschnitt aus dem Buch der Sprüche die Weisheit auch dringend mahnen: Hört auf mich! Geht meine Wege! „Wer mich findet, der findet das Leben ... Wer aber mich verfehlt, der zerstört sein Leben; alle, die mich hassen, lieben den Tod.“ Mit der Weisheit vor Gott spielen und seine Lust sein – das ist also keine Selbstverständlichkeit. Die Weisen aus dem Morgenland, von denen unser heutiges Evangelium erzählt, das waren weise Leute. Sie kannten den nächtlichen Himmel und den Lauf der Gestirne. Darum haben sie jenen Stern wahrgenommen, der die Geburt des Heilandes anzeigte. Sie haben gefunden: „Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.“ Weil sie weise waren, haben sie das Kindlein gefunden und mit ihm das Leben und Wohlgefallen beim Herrn, wie das die Weisheit verspricht.
Aber wo sollen wir sie finden, diese Weisheit? In ihrer Bildhaftigkeit sagt das die Bibel so: „Wohl dem Menschen, der mir gehorcht, dass er wache an meiner Tür täglich, dass er hüte die Pforten meiner Tore.“ Wie ein Verliebter ist er, der die Weisheit liebt. Wie der um das Haus der Geleibten schleicht, wie er einen Blick auf sie zu erhaschen sucht – so sind die, die Gottes Weisheit lieben. Das kann Mühe kosten und ist vielleicht nicht ganz einfach. Am ... hat einer auf den Beton gesprüht: „Elke, ich liebe dich; ich will dich haben.“ Ob die Frau das gesehen hat, ob sie wusste, wer sich da um sie bemühte, ob sie ihn gar erhört hat, weiß ich nicht. Die Weisheit Gottes jedenfalls verspricht dem das Leben, der sich so um sie müht. Wahrscheinlich brauchen Sie nun nicht einmal lange zu fragen: Wo also soll ich mich auf die Lauer legen, um einen Blick auf die Weisheit Gottes zu erhaschen? Vielleicht, wahrscheinlich haben Sie diese Weisheit längst gefunden, ohne es zu wissen, dass da Gottes Weisheit nahe ist. Aber es ist gut, wenn wir das auch wissen, und aufmerksamer und bedachter erleben, was Gott uns zukommen lässt. „Was man nicht weiß, das sieht man nicht!“ – Das ist ein kluger Spruch. Die Bibel redet von Gottes Weisheit, damit wir das wissen und es dann auch sehen, wie Gott uns entgegen kommt, dass wir es bewundern und uns daran freuen. Solche Bewunderung und Freude, die macht das Leben gut und menschlich. Solche Güte und Menschlichkeit aber können wir nie genug haben.
Der letzte Tag dieser Festzeit mag dazu dienen, dass wir uns erinnern und in solcher Erinnerung uns freuen an dem, was wir da gefunden haben. War es nicht schön, Weihnachten – auch dieses Weihnachten wieder? Jeder hat da seine persönlichen Erinnerungen; aber mache können wir doch teilen und in solcher Gemeinsamkeit hinweisen auf das, was wir gefunden haben; ich möchte es gerne auch umdrehen: Was uns gefunden hat. War es nicht schön – zu schenken und beschenkt zu werden? Töricht wäre es, zu sagen: Ich brauche das nicht! Hat Maria und ihr Kindlein denn Gold Weihrauch und Myrrhe gebraucht? Schön war das, in solchem Schenken und Beschenkt werden Zuwendung und Liebe zu erfahren. Da macht Gottes Weisheit unser Leben reich. War es nicht schön, zu sehen und Musik zu hören, im festlichen Weihnachtsgottesdienst und Zuhause, vielleicht auch ein Konzert oder Oratorium zu besuche? Da macht Gottes Weisheit unser Leben reich – dass wir sie hören und empfinden können, mit unseren Sinnen, die uns Gott gegeben hat und erhält. War es nicht schön, die Wintersonne zu sehen, wie sie Schnee und Reif zum Glänzen und Funkeln brachte? War es nicht schön, sich auszuruhen und Zeit zu haben, für die Frau, die Kinder, die Enkel, für Besuche, für Freunde und Verwandte, für scherzhafte und nachdenkliche Gespräche? Ich brauche das hier nicht weiter auszuführen.
Was man nicht weiß, das sieht man nicht. Darum redet die Bibel zu uns von Gottes Weisheit, damit wir wissen und sehen, wie es sich trifft: Wie sich unser Menschsein in dieser Welt trifft mit dem, was uns als Gottes Schöpfung entgegen kommt; nicht die Natur allein, sondern zuerst und vor allem die Menschen, mit denen wir zusammen sind. Weise Leute, Männer, Frauen, Kinder nahmen das wahr, bewundern Gottes Weisheit und freuen sich daran. Wer einmal so gefunden hat, der wird aufmerksam sein und achten auf das, was ihm begegnet, und wird mehr finden. Vielleicht im großen Erleben, wie die Weisen, die das Kind fanden, den Heiland, aber auch in all dem, was wir in dieser Festzeit erfahren haben: Gottes Weisheit. Amen.