20.4.1986 Jubilate Oppenweiler Ordination
Joh. 15,1-8 1 Joh.5,1-4
Es ist das Wort ganz nahe bei Dir, in deinem Munde und in
Deinem Herzen, dass Du es tust.
5. Mose 30,14
Dies ist das Wort vom Glauben, das wir predigen.
Röm.10,8b
Liebe Gemeinde!
Gott sei es gedankt: Wir haben etwas zu sagen, etwas Rechtes
und etwas Gutes und Erfreuliches. Wir – das sind zunächst die, die den
besonderen Auftrag haben, das Evangelium zu predigen. Das darf heute ruhig
einmal gesagt werden, wo wir uns zur Ordination von E. D. zusammen gefunden
haben. Wir haben etwas zu sagen, etwas Rechtes und etwas Gutes und
Erfreuliches. Und ich mache das gern und freue mich, wenn es Zeit ist, auf die
Kanzel zu gehen und das Evangelium zu sagen: Dieses Gute, dieses Rechte, dieses
Erfreuliche. Und wünsche, dass der E. D., den wir heute ordinieren wollen zum
Predigtamt, auch solche Freude daran haben wird.
Freilich: Wenn ich so sage, dass wir etwas zu sagen haben –
Gott sei es gedankt etwas Rechtes und Gutes und Erfreuliches, dann kann das
gewiss nicht heißen, dass das bloß „wir“ sind, wir Pfarrer (und da
gehören ja die anderen auch dazu, die Dekane und Prälaten und der Landesbischof,
und wir Professoren auch), die das zu sagen haben und sich darüber freuen,
dass sie das tun können. Es gehören alle dazu, von denen hier die Rede ist:
„Wer da glaubt, dass Jesus sei der Christus, der ist von Gott geboren“: Jedem
gehört das Evangelium, jeder kann und darf und soll es sagen. So gut, so recht,
so erfreulich ist das, dass es gar nicht genug Leute gibt, die den Mund aufmachen.
Es hat mir großen Eindruck gemacht, als Kind, wenn ich den Großvater besuchte,
wie am Sonntag nach dem Mittagessen der Weg in die Stunde ging. Was da gesagt
wurde, weiß ich nicht mehr – aber es war wichtig und feierlich, etwas Gutes
und Rechtes. Oder ich denke an die alte Mutter auf dem (Sowieso?)-Hof , die
ich als junger Pfarrverweser gern besuchte.
Glauben wir also bloß nicht: Weil es da Leute gibt, die
ordiniert sind, darum hätten die hier allein das Sagen. Anderswo mag das so
sein. Da haben sie ihre Auftritte, und da haben sie ihre beamteten Sprecher:
Nicht um viel Geld wollte ich Regierungssprecher in Bonn sein wie der
Staatssekretär Ost. Und erst recht wollt ich nicht der Larry Speaker sein, der
Reagans Entscheidungen verkünden muss, wenn der das nicht lieber selbst macht.
Was haben sie denn zu sagen? Etwas Gutes, und Rechtes und
Erfreuliches? Gewiss nicht oft, auch dann nicht, wenn es nicht ganz so dick
kommt wie in dieser Woche. Nein! Da sind wir schon besser dran, wir Sprecher
unseres guten Gottes und seines Heilands Jesus Christus. Da braucht sich keiner
zu genieren. Da braucht einer nicht mit seinen Worten um die Sache
herumzuschleichen wie die Katze um den heißen Brei: Wir haben etwas zu sagen –
Gott sei Dank! Etwas Gutes und Rechtes und Erfreuliches haben wir zu sagen:
Wir, und das sind nicht bloß die ordinierten Prediger, vom
Vikar bis zum Landesbischof. Alle können es sagen, dürfen es sagen alle, die
aus Gott geboren sind, getauft, alle, die es glauben, dass Jesus sei der
Christus.
Wir haben etwas Rechtes zu sagen, etwas Gutes, etwas
Erfreuliches. Wir können reden von Gottes Freundlichkeit, von Gottes Freude,
von Gottes Frieden, von Gottes Freiheit, von Gottes Gnade, von Gottes Leben.
All das ist ja zusammengefasst in dem kleinen Sätzlein, das Jesus sei der
Christus. Das ist etwas Gutes, ist etwas Rechtes, und Erfreuliches. Viel zu
wenig sagen wir`s, und viel zu leise sagen wir`s, und lassen uns viel zu sehr
von anderen imponieren, die da hin und her reden, und ist doch kein Vertrauen
da, keine Freundlichkeit, kein Friede. Wenn der Gorbatschow erklärt, nun müsse
es doch endlich einmal in ganz Europa zu einer Verringerung der Land- und
Luftstreitkräfte kommen, dann legt der amerikanische Verteidigungsminister sein
Gesicht in ernste Falten und sagt, es sei ja schon immer das Ziel der Russen
gewesen, die Amerikaner aus Europa zu verdrängen.
Natürlich: Da darf ja keiner recht haben, wo die Mächtigen
in dieser Welt sich streiten, wer denn nun zuletzt und zuallerletzt das Sagen
hat! Wie soll denn da dann etwas herauskommen, was uns freut? Angst, die wir in
dieser Woche wieder einmal zur Genüge kennen gelernt haben – das kommt heraus.
Aber es wäre schlimm, wenn es bei uns auch so wäre. Wenn sie
bei uns, hier, in der Kirche, von der Kanzel herunter, und im Gemeindeblatt,
auf dem Oberkirchenrat und im Landeskirchentag und wo auch immer, genauso
stritten und genauso versuchten, einander Angst zu machen und den Leuten Angst
zu machen.
Gott sei`s gedankt! Wir haben etwas zu sagen, etwas Gutes und
Rechtes und Erfreuliches. Wir wollen es gewiss den Großen aus der Politik
und aus der Wirtschaft nicht nachmachen. Darum ist ja doch jeder mit dabei,
der aus Gott geboren ist, wenn ich sage: Wir, wir haben etwas zu sagen,
etwas Gutes und Erfreuliches – der Vikar, wie der Landesbischof , der Stundenhalter
und die alte Mutter, die Margret, und der Karl – setze jeder seinen Namen
ein: Alle die es wissen: Jesus ist der Christus. Und sagen es, und tun es.
Alle, die wissen: Jawohl, etwas Gutes haben wir zu sagen, etwas Rechten, etwas
Erfreuliches. Wir können reden von Gottes Freundlichkeit, von Gottes Freude,
von Gottes Frieden, von Gottes Gnade, von Gottes Leben.
Das alles heißt doch: Jesus ist der Christus. Jesus, der gehört
Gott. Und wer Jesus gehört, der gehört auch Gott. Jesus ist der Christus –
er gehört Gott. Eigentlich müsste ich jetzt das ganze Evangelium durchgehen.
Aber dazu habt ihr ja den E. D. und eure Pfarrer und Dekane und Prälaten und
Bischöfe, und die alte Mutter, und die Margret und den Karl, und habt eure
Bibeln und das Gesangbuch, und euer Gemeindeblatt, und den Neukirchner Kalender,
dass Ihr es wissen könnt, was damit gemeint ist: Jesus ist der Christus. Jesus
– denkt an Weihnachten, und das Kindlein in der Krippe. Jesus – denkt an den
Prediger des Himmelreichs: „Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das
Himmelreich ist ihr. Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet
werde. Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen…“
Denkt an den Heiland, der die Mühseligen und Beladenen zu
sich gerufen hat. Denkt an ihn, der Kranke geheilt hat, Teufel ausgetrieben
hat. Jesus – denkt an seinen letzten Weg nach Jerusalem, an den Gebetskampf im
Garten Gethsemane, denkt an den Karfreitag. Aber denkt auch an Ostern, daran,
dass Gott ihn auferweckt hat und hat ihn zum Herrn gemacht, unseren Bruder –
damit wir Gottes Kinder heißen können.
Jesus ist der Christus. Das haben wir zu sagen, und können
es nicht oft genug, und nicht laut genug, und nicht ausführlich genug sagen: so
recht ist das, und so gut, und so erfreulich. Denn der große Gott gehört mit
diesem Jesus zusammen – und so auch mit denen, die zu Jesus gehören. Der große
Gott: Der den Himmel geschaffen hat – Ihr wisst, wie das ist, wenn einer
hinaufblickt, hinein in den Sternenhimmel, und weiß, wie es in dem Kinderlied
heißt: Gott der Herr hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet, and er
ganzen großen Zahl. Der große Gott, dessen Weisheit in der Ordnung der Natur
wirkt, und ein Wunder des Lebens, und in der Führung, mit der er jeden von uns
geleitet.
Wohl: Manches mal blicke ich selbst da auch nicht durch, bei
dem, was mir widerfährt. Und kann erst recht nicht deuten, was das soll: Wenn
da ein Kind sterben muss, ehe es recht zu leben begonnen hat. Wenn Elend und
Jammer über dieser Menschenwelt zusammenschlagen, Hunger und Krieg, Hass und
Verblendung, Unrecht und Gewalt. Wer hat da recht? Wer hat denn angefangen mit
Drohung und Gegendrohung und Mord und Vergeltung, die uns Angst machen? Bis zu
Kain und Abel können wir da dann zurückgehen, und wissen erst recht nicht, wie
wir dran sind. Der große Gott: Er führt mich, Dich, uns alle, auch dort, wo wir
es nicht fassen. Aber wir sehen es doch auch, und können auch das sagen, E. D.,
du kannst es sagen: „Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte,
bis hierher hat er Tag und Nacht bewahrt Herz und Gemüte, bis hierher hat er
mich geleit’, bis hierher hat er mich erfreut, bis hierher mir geholfen.“
Jesus ist der Christus. Das heißt: Dieser große Gott, und
Jesus, mein Heiland, sie gehören zusammen. Dieser große Gott – und mein Bruder,
der für mich gelitten hat, der für mich gestorben ist, die sind eins.
Das haben wir zu sagen, wir alle miteinander, jeder,
der von Gott geboren ist, der Landesbischof, und der Karl und die Margret. Und
dir, lieber Bruder E. D. sprechen wir es heute in ganz besonderer Weise zu, und
legen dir die Hände auf, und segnen und senden dich zu solchem Dienst am
Evangelium. Wir haben es zu sagen, dieses Rechte und Gute und Erfreuliche: dass
Jesus sei der Christus.
Es mag sein, dass uns das nicht immer so ganz leicht fällt.
Jetzt, heute, hier: Da geht das. Ich freue mich, das zu sagen (und ihr freut
euch es zu hören, und denkt hoffentlich nicht schon die ganze Zeit: wann hört
er eigentlich auf). Aber das ist nicht immer so. Denn so sehr wir das wissen
und sagen, das Evangelium von Gottes Freundlichkeit…, so sehr beeindruckt
uns doch auch das Reden der großen Herren dieser Welt und das Tun, womit sie
ihrem Reden Nachdruck verleihen.
Darum haben wir es nötig, dass wir aufgemuntert werden, dass
uns immer wieder einer anstößt, so wie das hier in den Worten aus dem ersten
Johannesbrief geschieht: „Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben,
wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten.
Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote
halten; und seine Gebote sind nicht schwer. Denn alles, was von Gott geboren
ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt
überwunden hat.“
Gottes Gebote – ich will sie einmal in die zwei Worte
fassen: „Fürchte dich nicht! Glaube nur!“ Dem Jairus hat das Jesus gesagt –
angesichts des Todes. Nicht um dies und das geht es da, wenn hier von Gottes
Geboten die Rede ist. Was recht ist, uns was einer sagen soll, und tun kann – und
was er lassen kann, uns was er annehmen kann aus der Hand des großen Gottes,
das wissen wir ganz genau. Wir, die wir das Evangelium kennen und wissen, was
wir zu sagen haben: dieses Rechte und Gute und Erfreuliche, dass mein Bruder,
unser Bruder Jesus zusammengehört mit dem großen Gott. Aber dann lassen wir uns
doch immer wieder imponieren – wie wenn da jemand noch größer wäre als der
große Gott – so, wie der Jairus meinte: Der Tod, der ist größer. Da brauche wir
Gottes Gebote – und seine Gebote sind nicht schwer: Fürchte dich nicht, glaube
nur! So gebietet er.
Gott sei es gedankt! Wir haben etwas zu sagen, und haben
etwas zu loben. Den Glauben will ich loben: Denn unser Glaube ist der Sieg, der
die Welt überwunden hat.
Nicht ich – wir: An uns ist nicht viel dran zum Loben – so
wie wir sind. Aber das ist zu loben; was der große Gott aus uns macht: Seine
Kinder, Schwestern und Brüder seines Sohnes Jesu Christi: Ja, du großer Gott!
Gelobt seist du. Gelobt sei deine Freundlichkeit… Lass uns reden, und lass uns
tun, was dir gefällt! Wenn sie uns Angst machen wollen, die großen Herren
dieser Welt, dann lass uns dies Sätzlein sagen: Jesus ist der Christus. Dem
Unglauben – dem Tod lass es uns entgegenhalten. Nicht die, - wir haben etwas zu
agen: Jesus ist der Christus.
Amen.
Herr unser Gott, der du uns berufen hast durch das
Evangelium von Jesus Christus, der um unserer Sünden willen dahingegeben und um
unserer Rechtfertigung willen auferweckt ist,
wir bitten dich, gib uns den Glauben durch dein Wort, dass
wir deine Herrlichkeit bezeugen in unseren Worten und mit unserem Tun, durch
unseren Herrn und Bruder Jesus Christus, der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und regiert in Ewigkeit. Amen.
Wir beten miteinander in der Stille.