19.10.1986 Altenheime
Nürnberg-Auferstehungskirche
EKG 336,1-4 All Morgen
EKG 480, 1.2.56 O König Jesu Christi
EKG 260, 5-7 Jesu hilf siegen
(EKG 139 Verleih uns Frieden)
21. Sonntag nach Trinitatis
Matthäus 5,43-48
Epheser
6,10-17
Herr Gott, himmlischer Vater!
Wir danken dir, dass du bei uns bist. Du hilfst uns mit
deinem Wort, dass wir das Vertrauen nicht verlieren. Du tröstest uns in unseren
Ängsten. Du bewahrst uns vor den dunklen Gedanken, den listigen Anschlägen des
Bösen.
Wir bitten dich: Lass dein Wort bei uns bleiben und bei
allen, die dieses Wort brauchen. Hilf du den Männern und Frauen, die zum
Predigtamt bestellt sind. Schaffe du Glauben in den Herzen der Menschen.
Wir bitten dich: Bewahre uns den Frieden. Wehre der Angst
und der Feindschaft unter den Völkern. Lass das Blutvergießen im Libanon und in
Israel, in Nicaragua und El Salvador, in Afghanistan und in Südafrika zu Ende
kommen. Schaff Vertrauen zwischen den Großmächten und ihren Führern und befreie
uns von der Last der tödlichen Rüstung.
Wir bitten dich: Gib allen Menschen Arbeit und Brot. Wehre
der Habgier und Unersättlichkeit und lass uns deine Schöpfung erhalten und
pflegen. Gib Gerechtigkeit und lass uns deine Gaben so verteilen, dass alle
deine Geschöpfe leben können.
Wir bitten dich für die Einsamen, die Gefangenen, die
Kranken, die Sterbenden. Sei du bei ihnen am bösen Tag mit deinem Trost und
deiner Hilfe.
Wir bitten dich für die Menschen, die du uns in besonderer
Weise anvertraut hast und nennen in der Stille vor die ihre Namen.
Hilf ihnen und stärke sie im Vertrauen auf deine Gnade.
Herr, du bist unser Gott! Verlass uns nicht.
Amen
Herr, unser Gott!
In unserem Heiland, Deinem Sohn Jesus Christus bist du uns
freundlich entgegengekommen, dass wir Vertrauen fassen und dir gerne gehören.
Wir bitten dich: Lass uns dein Wort aufnehmen und tröste uns
durch unseren Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, der mit dir und dem heiligen
Geist lebt und regiert in Ewigkeit.
Amen
Liebe Gemeinde!
Je näher wir mit unserem Nachdenken zu diesem Bibelwort
kommen, desto reicher enthüllt sich sein Trost. Zunächst klingen die Worte doch
ein bisschen fremd: So eine alte Rüstung, die haben wir schon öfters einmal
gesehen, Helm, Panzer, Beinschienen, Schwert, Schild. Im Museum gibt es so
etwas, oder in alten Schlössern. Aber dass das dann zum Anziehen sein soll –
„zieht an die Waffenrüstung Gottes“ – Das kann ich mir nur schwer denken.
Ob so ein altes Ding passt, und ob ich mich darin überhaupt
bewegen könnte, das weiß ich nicht. Wahrscheinlich ginge es mir damit wie dem
jungen David. Als der sich zum Kampf gegen den Philisterriesen Goliath bereit
erklärt hatte, da sagte der König Saul: Meine eigene Rüstung sollst du haben.
Und David zog das Kettenhemd über, und bekam den ehernen Helm aufgesetzt, und
einen Panzer umgebunden, und ein Schwert umgegürtet. Aber keinen Schritt konnte
er in diesem ungewohnten Zeug gehen.
Doch um diese Eisenrüstung geht es ja auch gar nicht, diese
fremden und ungewohnten Dinge. Wichtig ist nur: Wir haben das, was wir
brauchen, und uns zu schützen. Das ist ja auch gut: Wenn ich unterwegs von
einem Regenguss überrascht werde, dann brauche ich nur den Regenschirm
aufzuspannen und bin geschützt. Wenn ich nachts aus dem warmen Bett muss, ist
es gut, dass die Pantoffeln auf dem Bettvorleger stehen und ich nicht nur den
bloßen Füßen auf den kalten Fußboden treten muss. Und es ist auch gut, wenn ich
mich in den dicken Morgenrock wickeln kann. So ist das gemeint, hier: Wir haben
das, was wir brauchen, um uns zu schützen. „Seid stark in dem Herrn und in der
Macht seiner Stärke. Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen
könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels.“
So ist es uns zugesagt, zu unserem Trost: Was ihr braucht,
um euch zu schützen, das habt ihr. Gottes Waffenrüstung steht für euch bereit.
Und vielleicht ist es da dann doch auch gut, wenn wir uns so eine stabile
eiserne Rüstung vorstellen, die etwas aushält. Und nicht bloß einen
Regenschirm; wenn da ein kräftiger Windstoß kommt, ist er leicht umgedreht, und
dann steht einer doch schutzlos im Regen.
Das ist unser Trost: Wir haben das, was wir brauchen, um uns
zu schützten. Und wir brauchen es. Noch einmal denke ich, wie bei dem Bild von
der Waffenrüstung, ist es uns vielleicht auf den ersten Blick ein bisschen
fremd, was da gesagt wird von dem Kampf, gegen den Teufel, gegen die Mächtigen
und Gewalten, gegen die Herren dieser Welt, die in der Finsternis herrschen,
gegen die bösen Geister in der Luft. Es scheint so, wie wenn auch dieser Kampf
etwas ist, das zu uns nicht passt, das viele Nummern zu groß ist für uns.
So ein Kampf, der ist für Leute wie den Martin Luther; der
hat doch auf der Wartburg den Teufel so leibhaftig vor sich gesehen, dass er
das Tintenfass nach ihm geworfen hat. Noch heute zeigen sie dort den Fleck an
der Wand.
Und doch weiß jeder von uns ganz genau, wovon da die Rede
ist. Das sind die Gedanken, die gerade in der Finsternis kommen. Dunkle
Gedanken, die mich überfallen, wenn ich in der Nacht wach liege. Keiner von uns
ist Herr über seine Gedanken. Aber diese Gedanken können nur zu leicht Herr
werden über ihn. Da ist es dann gut, dass wir haben, was wir brauchen, um uns
zu schützen.
Soll ich sie ausführen, diese Gedanken? Da ist die Sorge,
wie es sohl weitergehen wird. Die Beschwerden des Alters wachsen, nehmen zu.
Muss ich die Selbständigkeit aufgeben, die mir noch geblieben ist? Wie soll es
weitergehen mit dem Mann, oder mit der Frau? Meine Mutter hat immer wieder,
gerade auch als sie im Altersheim war, gesagt: Hoffentlich sterbe ich nicht zu
bald, hoffentlich muss ich meinen Mann nicht zurücklassen, der sich ohne mich
nicht mehr zurechtfindet mit seiner Verkalkung. Sie ist dann doch zuerst
gestorben. So kommen die dunklen Gedanken. Was soll ich dem entgegensetzen,
dieser Sorge, dieser Angst, die eben so kommt, und sich festsetzen will; die
nicht nur den Schlaf rauben kann, sondern die alle Freude am Leben nehmen will?
Wir haben, was wir brauchen, um uns zu schützen! Ergreift
den Schild des Glaubens – ihr könnt es. Nehmt das Schwert des Geistes – das ist
das Wort Gottes. Wir haben, was wir brauchen, um uns zu schützen! Jawohl. Wenn
die dunklen Gedanken kommen, wenn sie mich verwirren wollen, wenn sie mir den
Schlaf rauben: Dann kann ich mich an ein gutes Wort Gottes erinnern. Und das
kann ich mir dann vorsagen. Etwa den 23. Psalm: „Der Herr ist mein Hirte, mir
wird nichts mangeln…“
Jeder weiß, wie das ist mit diesem Kampf, weiß, wie das ist,
wenn die dunklen Gedanken kommen. Da ist die Erinnerung an das, was gewesen
ist. Menschen fallen mir ein, kommen mir nahe, die ich längst schon vergessen
hatte. Und oft fällt mir dann das ein, was ich getan habe, oder unterlassen
habe. Es sind nicht nur gute Erinnerungen, die da kommen. Es sind böse Dinge,
die ich erlebt habe, bei denen ich dabei gewesen bin. Ich kann es nicht mehr
gut machen, was damals geschehen ist. „Ergreift die Waffenrüstung Gottes, damit
ihr an dem bösen Tag Widerstand leisten und alles überwinden und das Feld
behalten könnt“ – so heißt es hier. Wir haben, was wir brauchen, um uns zu
schützen, so ist es uns gesagt, Wenn sie kommt, die Erinnerung, und mich bei
dem fest hält, was nicht gut gewesen ist in meinem Leben und Tun: Ich tröste
mich meines Heilands.
„Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke.“
Ich kann ihn, ich kann meinen Heiland den dunklen Gedanken entgegenhalten, den
bösen Geistern, den finsteren Mächten. „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist
mein Schmuck und Ehrenkleid. Damit will ich vor Gott bestehn, wenn ich zum
Himmel werd eingehn.“ Wenn sie mir den bösen Tag vorhalten, die dunklen
Gedanken: Mein Heiland ist bei mir. „Wenn ich einmal soll scheiden…“ (EKG 63,
9.10)
Jeder kennt den Kampf, von dem hier die Rede ist. Jeder weiß
von diesen Mächten, von den dunklen Gedanken, von den Herren der Welt, die in
dieser Finsternis herrschen, von den bösen Geistern unter dem Himmel. Sie
schleichen sich ein, listig, wie es hier heißt. Denk an die Tochter, den Sohn,
die Enkel! Wie wird es mit ihnen weitergehen? Du hast dein Leben
hinter dir, das meiste jedenfalls. Aber wie soll es mit
ihnen angehen, in dieser Welt, die einer nicht mehr verstehen kann. Und so ganz
anders sind sie geworden, als ich das gewollt habe.
Kann das gut gehen? Streit ist da gewesen, und Unfriede. Und
ich meine es doch bloß gut!
„Seid bereit, einzutreten für das Evangelium des Friedens“,
so heißt es hier. Gott und Menschen bin ich oft eine Last gewesen und bins
noch. Und doch hat Gott mit mir Frieden gemacht durch seinen Sohn. Ja, auch
andere Menschen sind mir oft eine Last, und vielleicht desto mehr, je näher sie
mir sind. Da soll und darf ich Frieden machen. Und darf meinem Herrgott
befehlen, was gewesen ist, und jetzt ist, und sein wird. „Befiel dem Herrn
deine Wege und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen.“ Wir haben, was wir
brauchen, um uns zu schützen, Gottes Waffenrüstung. Diesen Spruch z. B. und das
Lied, das Paul Gerhardt danach gedichtet hat: „Befiel du deine Wege…“
Je näher wir mit unserem Nachdenken diesem Bibelwort kommen,
desto reicher enthüllt sich uns sein Trost. Es geht da um uns, unseren Kampf.
Aber wir haben auch, was wir brauchen, um uns zu schützen!
Amen