Kantate, 12. Mai 1963 Wolfenhausen/Nellingsheim
86, 1-5 Auf,
auf mein Herz (11)
239, 1-4 Nun
freut euch, …………(182)
237, 2.3 Dir,
dir Jehova (54)
226, 8.9 O
gläubig Herz, gebunden (199)
Psalm 98
Johannes 6,
64b-69
Liebe Gemeinde !
Von Jesus heißt es hier: Er wusste von Anfang wohl, wer die
waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Ob es uns dabei wohl
wäre, wenn wir so voraus schauen könnten, wenn wir so wüssten, was kommen
wird? Nicht wahr: Wir können schon sagen, dass es gut ist, dass dem nicht
so ist. Dass uns verborgen ist, was kommen wird, dass uns verborgen ist, wie
es mit uns gehen wird. Aber das ist ja nur die eine Seite der Sache. Auf der
anderen Seite gehört es zu unseren alltäglichen Erfahrungen, dass wir uns
mit unseren Gedanken in der Zukunft aufhalten. Wir müssen vorausplanen, müssen
voraus denken, müssen voraus rechnen, und werden uns darum sorgen, ob es dann
auch so laufen wird, wie wir uns das ausgedacht haben. Zum Beispiel: Werden
wir Gesundheit und Arbeitskraft behalten, und wird es durch die allgemeinen
Verhältnisse möglich sein, die Schulden abzutragen, die wir machen müssen,
um zum Beispiel einen notwendigen Bau hinzustellen? Da müssen wir ja so handeln,
wie wenn wir die Zukunft in der Hand hätten, wie wenn wir sicher wären, dass
wir die Verpflichtungen auch erfüllen können, die wir für diese Zukunft eingegangen
sind. Oder – um ein anderes Beispiel zu nennen: Wir binden uns in der Ehe
für unser ganzes Leben an einen anderen Menschen. Sind wir denn so gewiss,
dass wir es ein Leben lang miteinander aushalten werden, dass wir diese Bindung
auch in Zukunft durchhalten werden? Und doch geht es nicht anders, als dass
wir uns gegenseitig das Wort geben, das die ganze Lebenszeit vorweg nimmt
– bis der Tod uns einst scheiden wird, wie es in der Trauformel heißt.
Ich sage: Da sind wir dabei, über unsere Zukunft zu bestimmen,
in das, was kommen wird, hineinzugreifen: So soll es sein, so muss es kommen.
So sind wir dabei, das, was kommt, in unserem Wollen, Wünschen, Planen, in
unseren Verpflichtungen und Versprechen vorweg zu nehmen – und es wird dabei
die Sorge nicht ausbleiben: Kann ich denn auch zu dem stehen, was ich mir
jetzt vornehme?
Wir fragen nun – und befragen damit jene Worte aus dem Johannesevangelium:
Ist es mit unserem Glauben denn geradeso, wie mit den Dingen, die ich eben
beispielsweise nannte? Ist es so, dass wir zwar jetzt den guten Willen haben,
diesen Glauben gelten zu lassen, in diesem Glauben zu beharren – aber ob uns
das gelingen wird, das ist eine ganz andere Sache? Dass es nicht selbstverständlich
ist, dass einer hier dabei bleibt, das wird uns ja in dem kurzen Sätzlein
des Evangelisten vorgeführt: Von da an wandten seiner Jünger viele sich ab
und wandelten hinfort nicht mehr mit ihn. Ich meine, es könnte gerade das
zu einer ernstlichen Sorge werden, dass sich einer fragt: Wie wird es mit
meinem Glauben ausgehen? Jetzt, hier, da fällt es mir nicht schwer, mich dazu
zu halten. Aber wenn es bei uns beispielsweise so zuginge wie in der DDR?
Wenn da von allen Seiten ein Druck auf mich ausgeübt würde, wenn ich für meinen
Glauben Nachteile auf mich nehmen müsste, beispielsweise bei meinem beruflichen
Vorwärtskommen, oder wenn meine Kinder darunter zu leiden hätten, dass ich
in die Kirche gehe, oder dass ich sie in den kirchlichen Unterricht schicke
und konfirmieren lasse, was dann? Ließe ich ihn dann nicht lieber fahren diesen
Glauben, oder würde ich wenigsten so verbergen, dass niemand etwas davon merken
würde? So können wir uns fragen und sorgen. Wie wird dieser Glauben bestehen
gegenüber denen, die mich daran irre machen wollen, gegenüber den vielerlei
Sektierern, die da reden und beweisen, dass sie recht haben? Gewiss, ich kann
mich dann auf die Tradition berufen, darauf, dass ich in dem Glauben meiner
Väter leben und sterben will.
Aber wird das genügen? Ja – werde ich dabei bleiben können,
wenn ich einmal in Not komme? Werde ich diesen Glauben bewahren können, wenn es
einmal mit mir ans Sterben geht? Oder wird mich dann Furcht und Verzweiflung
packen, dass ich nur noch den Tod sehe und nicht mehr weiß, was ich diesem Tod
entgegnen soll?
Ja, wird mich mein Glaube nicht verlassen, wenn mich das Gewissen
anklagt: Da, da bist du schuldig geworden, Gott wird dich strafen. Dir kann
nicht mehr geholfen werden – verloren und verdammt bist du? Werde ich dann,
wenn es so zum Treffen kommt, noch die Kraft haben, im Glauben daran festzuhalten,
dass mein Heiland gerade für mich gestorben ist?
Seht, liebe Freunde! Jesus wusste von Anfang wohl, wer die
waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Wir wissen`s nicht – und
gerade darum kann uns die Sorge fassen, ob wir denn auch für die Zukunft
unseres Glaubens gewiss sein können. Wohl, wir wissen genau, dass es darauf
ankommt, wir wissen, dass es nichts Wichtigeres gibt als eben dies, dass wir
unseren Glauben festhalten und bewahren – und gerade darum kann uns ja die
Sorge um die Zukunft diese Glaubens packen – die Frage danach, ob er nur ein
Scheinglaube ist, oder ob er dann bestehen kann, wenn es zum Treffen kommt,
hier oder dort.
Liebe Freunde! Gerade hier kann uns trösten, was der Evangelist
Johannes zu sagen weiß! Wo wir fragen nach der Zukunft des Glaubens, unseres
Glaubens, wo wir fragen danach, ob wir Glauben halten können bis ans Ende,
ob wir das Ziel dieses Glaubens erreichen oder verfehlen werden – da erhalten
wir die Antwort: Sorgt euch nicht, denn hier kommt es gar nicht auf euch an.
Sorgt euch nicht um das, was kommen wird, denn euer Glaube, er ist nicht euer
eigenes, sondern er ist Gottes Werk, Jesus sprach: Darum habe ich euch gesagt:
Seht, liebe Freunde! Gottes Werk ist unser Glaube, Gottes
Werk, das er in uns wirkt, darum brauchen wir uns keine Sorge zu machen um
diesen Glauben und um seine Zukunft. Denn was Gott angefangen hat, das bringt
er auch zum Ende.
Gewiss: Das zu sehen, ist nicht so ganz einfach. Denn hier,
da meinen wir ja gerne, ganz allein und bei uns zu sein. Hier, wo wir sagen:
Ich glaube! Ich! Seht – es ist vielleicht die gefährlichste Versuchung des
Satans, dass er uns das einredet: Du glaubst, Du! Und uns gerade damit die
Sorge einjagen will. Wirst du auch weiter glauben könne. Wird er auch ans
Ziel kommen, dieser Glaube. Nein! Dieser Glaube gewiss nicht, dieser
Glaube, der an uns hängt, an unserem Vorsatz, an unserem Wollen, an unserem
Vermögen. Dieser Glaube, der hätte ganz gewiss keine Zukunft, und wir wären
jämmerlich verlassen, wenn wir uns auf diesen Glauben verlassen müssten, der
sich einredet: Ich will glauben, ich kann glauben, ich werde glauben. O nein!
Der ist`s gewiss nicht, dieser Glaube.
Vielmehr: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von
meinem Vater gegeben! Das gilt. Darauf kommt es an: Gottes ist es, mein Glaube,
Gottes Werk in mir, und dessen kann ich mich trösten. „Niemand kann zu mir
kommen – spricht Jesus – es sei ihm denn von meinem Vater gegeben.“
Freilich – da kannst du dann einwenden: Woher willst du das
wissen, dass dein Glaube Gottes Werk ist? Von ihm selber weiß ich das, er
sagt`s mir ja zu, dass es Gott ist, der mich zu Jesu, und damit zu sich selber
führt. Zu Jesus, den Petrus hier als den Heiligen Gottes benennt, als den,
welcher Gott zugehört. Seht, liebe Freunde: Wenn wir uns schon darum sorgen,
wie es mit unserem Glauben weitergehen soll, dann mögen wir uns daran halten.
Er hat`s gesagt, und darum gilt`s. Dabei bleiben wir. „Herr, wohin sollen wir
gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt,
dass du bist der Heilige Gottes.“
Zu ihm, zu ihm und zu seinem Wort!
Da sind wir aufgehoben, da ist unser Glaube, da ist die
Zukunft dieses Glaubens aufgehoben. Dafür lasst uns ihm danken.
Amen