52, 1-6 Es geht daher
417, 1-4 Lasset uns mit Jesu ziehen
415, 7 Mir nach, spricht Christus
15, 10.11 Sollt ich meinem Gott
Matthäus
16, 21-27
2. Kor
11, 23-30
Liebe
Gemeinde!
Während
meines Studiums habe ich in Norddeutschland einmal eine Zeltevangelisation
besucht. Am letzten Abend erzählte der Evangelist, wo er schon alles gearbeitet
habe, und wie viele Menschen er in dem und dem Ort zum Glauben geführt habe.
Dann schloss er: „Nun möchte ich doch gerne wissen, was der Herr hier gewirkt
hat. Bei wem in dieser Woche etwas anders geworden ist, der soll doch bitte
jetzt zurückbleiben.“ Ich bin nicht da geblieben, sondern sehr nachdenklich
nach Hause gegangen. Der Mann hatte sonst nicht schlecht gesprochen und manches
hatte mich schon beeindruckt. Aber nun ist mir auch das auf einmal recht
fraglich geworden. Kann man denn im Dienst des Evangeliums so seine Erfolge
zählen?
Kann man
überhaupt in Zahlen fassen, was das Wort Gottes wirkt. Ist der Diener Christi
nach seinen Erfolgen zu bemessen? Kann man zum Beispiel sagen, dass ein
Pfarrer, der eine volle Kirche hat, ein besserer Diener Christi ist als der,
der eine leere Kirche hat? Liebe Freunde! Unsere Zeit ist eine Zeit, in der man
sehr viel Wert auf Statistik legt. Wer nur sichere Zahlen vorweisen kann, um
seine Sache zu belegen, der hat schon gewonnen. Sollte das nicht auch in der
Kirche gelten? Dass wir durch gewichtiges Zahlenmaterial etwa den Fortschritt
des Reiches Gottes in unserer Zeit darlegen; und damit die Berechtigung unseres
Glaubens und seine Richtigkeit beweisen. Aber solches Rechnen und Zählen ist
falsch! Die Sache unseres Herrn Christus ist nicht eine Sache des Erfolges, den
wir in Zahlen fassen und in ein schönes Büchlein drucken können. Denn Zahlen können
auch lügen! Rechnen wir doch einmal nach: In unserer Gemeinde gibt es 1200
Evangelische, die Kinder mitgerechnet. In einem Jahr haben etwa 12000 Personen
den Gottesdienst besucht – also geht der Heimsheimer durchschnittlich 10 mal
jährlich in die Kirche. Sind wir denn nicht eine fromme Gemeinde? Wir könnten
auch anders rechnen. Zum Beispiel werden hier jährlich 5 ½ tausend Mark
Kirchensteuer bezahlt, und 3000 Mark geopfert. Also gibt jeder Heimsheimer für
die Kirche durchschnittlich 7 Mark im Jahr! Kann man da nicht sagen: Jawohl,
wir hier sind rechte Christen? Ihr seht selber, liebe Freunde, wie töricht
solches Rechnen ist, das seine Berechtigung vielleicht dort hat, wo man
Erzeugung und Verbrauch, Verdienst und Bedarf der Menschen schnell überblicken
möchte. Das aber vollständig wert- und sinnlos ist, wo es darum geht, sich die
Bedeutung Jesu Christi klarzumachen. Willst du dir über deinen Glauben
Rechenschaft ablegen, dann nützen Zahlen reichlich wenig! Willst du den Beweis
dafür antreten, dass du wirklich ein Christ bist, dann ist es eine sehr
fragwürdigen Sache, wenn du das so tust, dass du nachrechnest, wie oft du in
der Kirche gewesen bist, wie viel du gegeben hat für gut Zwecke.
Lassen wir
das einmal ganz beiseite! Lassen wir uns vom Apostel Paulus zeigen, was
wirklich zählt in unserem Leben, was zählt für Gottes Reich! Und was ist das? In
Gottes Augen, da zählt allein das Kreuz!
1)
Der Apostel
Paulus macht in seinem Brief an die Korinther auch eine Statistik auf. Aber was
ist das für eine merkwürdige Zusammenstellung. Lasst sie uns einmal näher
betrachten! Denn in dieser Statistik, da wird uns deutlich, nach welchem Gesetz
das Christenleben in dieser Welt läuft. Und es ist gut, wenn wir uns dies
Gesetz gründlich klarmachen, denn nach diesem Gesetz läuft auch unser Leben,
wenn wir recht Christen sind! Dem Paulus haben seine Gegner in Korinth das
bestritten. Die behaupteten, er sei gar kein rechter Apostel und kein rechter
Christ, sondern ein Lügner, der die Leute verführe, um sich Ruhm und Ehre zu
erwerben. Und da ist der Apostel nun gezwungen, obschon ungern und mit großem
innerem Widerstreben, seine Rechnung aufzumachen. Seine Gegner behaupten, sie
seien die wahren Diener Christ: Und dagegen stellt nun Paulus seine Behauptung:
Wenn die Diener Christi sein wollen - ich bin’s noch mehr! Doch wie das nun
beweisen? Wäre Paulus jener Zeltevangelist gewesen, von dem ich am Eingang
erzählte, so hätte er wohl eine Erfolgsstatistik aufgestellt. Und das wäre
sicher eine imponierende Sache geworden, die ungefähr so hätte lauten können:
7000 km zu Fuß, 3000 km zu Schiff gereist. Dabei 12 verschiedene Völker
besucht, in 80 Städten christliche Gemeinden mit einer Gesamtseelenzahl von
3000 oder 5000 gegründet. Das ließe sich doch hören als die Leistung eines einzelnen
Mannes, auch in unserer Zeit, die von großen Zahlen geradezu erdrückt wird.
Aber nichts von alledem, was er erreicht hat, womit er imponieren könnte, führt
der Apostel an. Nein! Wenn es schon gilt, den Tatbeweis dafür anzutreten, dass
er ein rechter Diener Christi ist, dann schlägt er lieber ein anderes Blatt
seines Lebensbuches auf. Und da steht geschrieben, was ihm der Dienst Christi
eingebracht hat. Achtmal ist er zur Prügelstrafe verurteilt worden. Fünfmal von
den Juden zu 39 Stockschlägen – das ist das, was ein Mensch gerade noch
aushalten kann, ohne zu Grunde zu gehen. Drei mal haben ihn die Römer mit Ruten
züchtigen lassen. Einmal, das war, wie die Apostelgeschichte berichtet, in der
Stadt Lystra, haben sie ihn gesteinigt und für tot liegen lassen, und nur durch
ein Wunder ist er damals mit dem Leben davon gekommen. Dreimal hat er bei
seinen Reisen Schiffbruch erlitten, einmal ist er dabei sogar 24 Stunden auf
dem Meer herumgetrieben, bis er dann doch noch gerettet wurde. Jawohl, ein
gefährliches Leben ist es, das dieser Diener Christi auf seinen Reisen führte,
in Gefahr durch Flüsse, in Gefahr durch Räuber, in Gefahr unter den Juden! In
Gefahr unter den Heiden, in Gefahr in den Städten, in Gefahr in der Wüste, in
Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter den falschen Brüdern – und es ist nicht
leicht und angenehm, dieses Leben, in viel Arbeit und Mühe, in viel Wachen, in
Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße. Und dazu dann noch die
tägliche kleine Mühe und Not – wie groß erscheint uns schon die, wenn wir es
recht bedenken: Dass ich täglich werde angelaufen und trage Sorge für alle
Gemeinden. Wer ist schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert, -
und ich brenne nicht? – also nicht genug des eigenen Leidens, auch noch die
fremde Not und Schwachheit trägt er mit. Sind denn das Dinge, auf die man stolz
sein kann? Ja – sieht das so aus wie das Leben eines Mannes, der Christi Diener
ist, dessen Arbeit unter dem Beistand und dem Segen Gottes steht? Wenn Gott
hinter diesen Werk steht – müsste dann nicht alles viel glatter gehen? Liebe
Freunde, der Apostel Paulus hat das Gesetz erkannt, er hat es an seinem Leben
erkannt, und hat seine Erkenntnis wieder durch Leben bewährt: Wo Gott am Werk
ist, da wird der Mensch immer kleiner, da vergeht ihm immer mehr das Vertrauen
auf die eigene Kraft, die eigene Leistung, das eigene Können. Wo Gott am Werk
ist, da wird der Mensch immer kleiner, dass Gott desto größer werden kann.
Darum schließt der Apostel Paulus seine Rechnung ab mit den Worten: So ich mich
ja rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen. Wenn es gilt, den
Beweis dafür anzutreten, dass wir Christen sind – dann allein so, dass wir
zeigen, wie das Kreuz Christi in unser Leben hineinwirkt, dass wir sehen, wie
Gott uns klein macht, wie er uns zeigt, dass wir ohne seine Hilfe verloren
sind. Das, liebe Freunde!, ist das Gesetz des Christenlebens, das Paulus an
sich selber aufzeigt: Je kleiner Gott uns macht, desto näher sind wir der
Herrlichkeit. Je größer unsere Schwäche und Hilflosigkeit, desto mehr Raum
können wir seiner Hilfe geben!
2)
Es ist gut,
wenn wir das einsehen, wenn wir es gar an einem so großen Beispiel wie dem
Apostel Paulus vorgeführt bekommen. Doch was sollen wir nun damit anfangen?
Sollen wir es auch versuchen, nun eine Statistik aufzustellen – eine Statistik
des Leidens, eine Statistik der Schwachheit? Geht es darum, dass wir nun einmal
aufzählen, was wir schon alles durchgemacht haben? Jawohl, da käme sicher
allerhand zusammen, allerhand Schweres, viel Leid und Not und Schmerz. Liebe
Freunde! Dazu sind wir ja alle immer wieder versucht, das zu erzählen, was wir
doch schon alles durchgemacht haben. Und dann sind wir gleich mitten drin im
Jammern und im Klagen. Wir haben mit uns selber Mitleid, weil wir`s doch so schwer
haben im Leben, und suchen das Mitleid dessen zu erwecken, den wir da an
unserem Kreuz teilnehmen lassen!
Jammert der
Apostel Paulus? Klagt er darüber, dass er es so schwer hatte im Dienst Christi,
dass er so viel durchmachen musste? Er hätte doch allen Grund dazu, viel mehr
noch wohl als wir, denn was er durchgemacht hat, davon können wir uns kaum eine
rechte Vorstellung machen! Nein! Nicht ein Grund zum Jammern und zum Klagen ist
es, wenn unser Weg unten durch geht, sondern viel mehr ein Grund zum Freude!
Denn das gilt ja, seit Jesus Christus für uns sein Leben gelassen hat: In
Gottes Augen, da zählt allein das Kreuz. Und je mehr wir unter das Kreuz
geführt werden, desto näher kommen wir ja unserem Herrn Christus. Je weniger
uns unsere eigene Kraft hilft, desto mehr kann die Kraft Gottes in unserem
Leben wirksam werden. Das gilt es zu erkennen und festzuhalten, was immer uns
auch begegnen mag. Darf ich einmal von mir selber reden: Wie schwach und arm
sind die Worte, die ich sagen kann. Wie wenig vermögen sie das klar zu machen,
was doch die einige, rettende Wahrheit ist für uns alle. Wie wenig vermögen sie
zu überzeugen, wie wenig kann ich euch klarmachen, was ich euch eigentlich
sagen sollte, was ich den Kindern sagen sollte, die mir im Unterricht anvertraut
sind, was ich auch all denen sagen sollte, zu denen ich selten oder nie reden
kann. Und doch darf ich mit Freuden meinen Dienst tun, denn hinter all unserer
Schwachheit steht ja die Kraft des allmächtigen Gottes. Und so mag es vielen
unter euch gehen, die um anvertraute Menschen bangen, um die Kinder, um den
Ehegatten: Wie gerne würden wir sie auf den rechten Weg bringen, und leiden
darunter, dass sie in die Irre gehen! Gott allein kann einen Menschen zur
Wahrheit führen. Das erkennen wir da, und dessen, liebe Freunde, dürfen wir uns
trösten. Je schwächer wir sind, je mehr unser eigenes Können versagt, je klarer
wir unsere Machtlosigkeit einsehen, desto mehr können wir Gott Platz machen und
seinem Wirken, das oft so ganz anders führt, als wir uns das denken! Noch eines
möchte eich anführen, das uns allen immer neu so schwer zu schaffen macht: Das
ist die Schwachheit und Gebrechlichkeit unseres Leibes. Da wird es uns
vielleicht am allerdeutlichsten, dies, dass wir nicht so können, wie wir
wollen. Wie machtlos stehen wir doch der Krankheit gegenüber, trotz aller
ärztlichen Kunst, wie hilflos sind wir, wenn uns der Tod begegnet. Hast du’s
gelernt, über dieser Schwachheit, über dieser Hilflosigkeit froh zu werden?
Hast du’s gelernt herzugeben? Herzugeben, damit Gott desto reichlicher schenken
kann, er, der stärker ist als Not und Tod?
Liebe
Freunde! Das ist es, was bei Gott zählt: Das Kreuz. Das ist es, was einen
rechten Christen ausmacht: Die Schwachheit freudig anzunehmen, damit Gott desto
reicher geben kann: Das lasst uns am Beispiel des Apostels Paulus lernen, der
sich seiner Schwachheit rühmte, weil in dieser menschlichen Schwachheit die
göttliche Kraft offenbar wurde. Amen