Trinitatis, 21.5.1978, Büchenbach


97,1-7 Komm, Gott Schöpfer

Intr. 13

109,1-3 Gott der Vater

134 Gott Vater, Sohn und heiliger Geist

188,1-5 Nun lob meine Seel

Vers.


Röm 11,33-36 Joh 3, 1-15


Eph 1, 3-14


Herr allmächtiger Gott, von dem alle Dinge ihr Wesen haben, der du zu uns redest durch deinen Sohn und in uns den Glauben wirkst durch deinen heiligen Geist,

wir bitten dich, lass uns teilhaben an der Macht deiner göttlichen Liebe,

damit wir deine Herrlichkeit loben, durch deinen Sohn Jesus Christus, unseren Herrn, der mit dir und dem heiligen Geiste lebt und regiert in Ewigkeit. Amen


Liebe Gemeinde!


Gottes Dreieinigkeit ist schon immer als das Geheimnis des Glaubens bezeichnet worden, das wir nicht mit dem Verstand durchdringen können, sondern vor dem wir uns in Verehrung beugen sollen. Aber das soll gewiss nicht heißen, dass erst und gerade hier unser Denken nicht mehr weiter kommt. Vielmehr ist gerade hier das Geheimnis des Glaubens so geöffnet, dass wir eingelassen werden in Gott selbst. Dass wir diesen Einlass benützen und zu Gott gehen, dazu lädt uns der heutige Predigttext ein. Ich kann ihn nicht Wort für Wort durchgehen und erklären – das will er auch gar nicht. Er lädt uns ein zum Lob der Herrlichkeit Gottes - und so kommen wir hinein in die Fülle Gottes, wenn wir dieser Einladung folgen. Dann können wir sogar dies verstehen, wie uns das Reden vom drei einigen Gott dazu führt, Gott und die Wirklichkeit, in der wir leben, zusammen zu sehen.
Ich bin am Freitagabend, als ich über diesen Text und die Predigt, die ich dazu zu halten habe, nachdachte, ein paar Schritte hinausgegangen, bis hin zum Wald, und war wieder einmal gefangen von der Schönheit des Abendhimmels mit seiner purpurroten Farbe, dem Dunkel des Waldes und dem frischen Grün der Felder und Wiesen. Für wen das alles? Für die Geliebten Gottes, so gibt unser Text die Antwort:

Für uns, die wir in Christus erwählt sind, ehe der Welt Grund gelegt war. Das sind große Worte – und erst recht dort, wo wir dabei an die ungeheure Ausdehnung unserer Welt denken. Für uns – die Menschen auf dieser Erde, die doch nur ein Stäubchen ist in dem gewaltigen All! Nehmen wir uns nicht viel zu wichtig, wenn wir das sagen? Sie kennen gewiss diese Gedanken, und es kann einer schon sehr Mühe haben, da dann den klaren Blick zu behalten, wenn ihn einmal die Gewalt des …nahegegangen ist.

Eines wird uns gesagt, wir seien da zum Lob Gottes, zum Lob seiner Herrlichkeit, seiner herrlichen Gnade! Ein schwaches Bild: Wenn ich wissen will, wie ich aussehe, muss ich mich vor den Spiegel stellen. Gottes Gnade – die Fülle seiner Herrlichkeit, die fällt auf uns, dass wir sie widerspiegeln in unserem Gotteslob. Dazu sind wir da. Das ist ein erster Schritt hin zum Geheimnis des Glaubens, wie es uns in dem dreieinigen Gott eröffnet ist.

Nun ist es gewiss nicht selbstverständlich, Gott zu loben – auch dort nicht, wo es uns gut geht, wo wir fröhlich sind, wo uns die Schönheit unserer Welt ans Herz greift, dass wir singen müssen, wo das Leben uns frisch durch die Adern quillt und wir Herrlichkeit unmittelbar wahrnehmen. Auch da vergessen wir oft genug das uns aufgetragene Gotteslob.

Aber ich weiß noch nicht einmal, ob dieser große Gott so kleinlich ist, dass er da unser ausdrückliches „Danke“ erwartet. Wenn wir gern leben, hingegeben an die Fülle unserer Welt – es mag schon sein, dass ihn das Lob genug ist, an dem er sich selbst in seiner Liebe sieht.

Doch wir können ja dabei nicht bleiben. Wir können uns zwar ein solches gutes Leben ausmalen, weil wir selbst immer wieder gute Zeiten erleben, einen guten Morgen, einen guten Abend, einen guten Tag, - wie wir uns das wünschen. Aber wir sehen dann doch genauso auch die böse Zeit, die über andere hereinbricht, im Kongo oder in Eritrea oder in Kambodscha, wo sie sich töten, oder dort, wo wir das Martinshorn hören auf unseren Straßen, und wissen, dass jetzt wieder jemand verunglückt ist. Wir bemerken einen Zug in unserem Leben der nicht Gottes Liebe ist – der uns vielmehr drängt, mitzumachen an den Zielen, die uns gemeinsam sind: Arbeiten, produzieren, verdienen, mehr und schneller, weil es uns gut gehen soll und immer besser. Dass wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit – dazu sind wir bestimmt, dazu sind wir da, sagt uns hier der Apostel. Aber wollen wir das, und können wir das?

Ich meine, es sei uns immer wieder einmal nötig, dass wir darauf gestoßen werden, ausdrücklich und so, dass wir's bemerken. Sie wissen, wenn einer plötzlich und unvermutet gegen ein Hindernis rennt – das tut weh. Wir laufen hin und wieder gegen solche Hindernisse – im wörtlichen und erst recht im übertragenen Sinne. Das spüren wir dort, wo es weh tut, ich meine, gerade dort spürten wir selbst das, wo wir anderen wehgetan haben, ohne dass wir das wollten. Da kommt dann nicht das Lob der Gottesliebe heraus, sondern das laute oder auch das stumme Schreien des Verletzten. Böse Zeit, für den, der verletzt wurde, und für den, der verletzt hat. Wie kann das bestehen, was da geschieht, und die, durch die es geschieht, wenn wir doch alle bestimmt sind, die Liebe Gottes zu spiegeln in unserem Lob seiner Herrlichkeit?

Die Antwort ist: Christus. Der Geliebte, in dem Gott uns geliebt hat, der Erlöser, in dem unsere Schuld getilgt ist, er, in dem alles zusammengefasst sein soll, was im Himmel und auf der Erde ist. Die Welt – unsere Welt der Spiegel Gottes, der Gottes Herrlichkeit widerspiegelt im Gotteslob: Das kann und darf nicht einfach diese Welt sein. Unser Schmerz lehrt uns das! Es ist eine andere Welt als die, die wir jetzt kennen – es ist die in Jesus Christus zusammengefasste Welt. Aber das ist dann nicht so eine Art Sowjetunion, die alle verschluckt und gleichgeschaltet hat, die keinen Regimekritiker dulden kann und jeden mit Gewalt zum Schwiegen bringen muss, der das offiziell angeordnete Lob verweigert! Es ist der Ort und die Zeit, wo wir freigeworden sind zum Lob der Liebe Gottes – diese Welt, die in Christus zusammengefasst ist, in dem Sohn, der das Ebenbild des Vaters ist. Das ist der 2. Schritt hinein in Gott.

Doch gerade da wird nun noch einmal unser Denken einen Schritt weiter geführt in das Geheimnis des Glaubens, der uns einlässt in Gott: Es ist gerade nicht nur die überwältigende Fülle der lebendigen Wirklichkeit, in der uns Gott begegnet. Die müsste uns erdrücken. Es ist nicht nur die Hoffnung auf die in Christus versammelte Welt, in der wir versöhnt sind, und unser Schmerz ein Ende hat, weil wir das sein werden, wozu wir von Anfang an bestimmt sind. Diese Hoffnung könnte schwach werden und erlöschen. Da ist der Geist, in dem wir versiegelt sind – weil wir das Evangelium gehört haben. Gott, der uns umgibt in der unendlichen Fülle, Gott, der uns ruft in die Zeit der Vollendung, er ist nicht nur um uns als der Vater, der Schöpfer, der Allmächtige. Er ist nicht nur vor uns als der Sohn, der Erlöser, der Bruder, durch den wir selbst Kinder Gottes werden sollen. Dieser Gott ist in uns, in unserm Denken und Glauben, in unserem Hoffen und Lieben, in Seufzen und Gebet, in der Sehnsucht, in der Freude, im Schmerz, in der Trauer unsres Herzens und im Glück, das wir empfinden: Er das Unterpfand unseres Erbes zu unserer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit.

Um uns Gott – vor uns Gott – in uns Gott; das können wir wahrnehmen und begreifen. Dann vielleicht etwas von dem Geheimnis des Glaubens, in dem Gott und Welt zusammenkommen. Amen


Herr unser Gott, wir bitten dich,

vollende an uns dein Werk und mach uns zu Menschen, die deine Herrlichkeit loben.

Nimm die Last und den Schmerz und die Angst des Hasses und der Feindschaft aus den Herzen, die der Gewalt vertrauen und sich Schmerz bereiten, dass sie deine Fülle loben.

Gib deiner Christenheit Vertrauen, Zuversicht und das rechte Maß, dass sie dort Widerstand leistet, wo dein Wille verdunkelt wird und ein gutes Beispiel gibt.

Herr, tröste die Trauernden, und lass uns selbst Trost finden, dass wir selbst trösten können, gib den Hoffungslosen Hoffnung, den Leidenden Freude und führe uns alle zusammen in Jesus Christus zu deinem Lob.


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